Feedback ist leider selten hilfreich

In den letzten Jahren hat sich die Überzeugung durchgesetzt, dass der Weg zur Leistungssteigerung in Unternehmen über transparentes, häufiges, offenes und oft kritisches Feedback führt. Entsprechend fragen wir uns: Wie können wir Feedback geben und erhalten? Wie umfangreich und oft müssen wir Rückmeldung geben, und wann sollte diese persönlich, schriftlich


Feedback ist leider selten hilfreich

In den letzten Jahren hat sich die Überzeugung durchgesetzt, dass der Weg zur Leistungssteigerung in Unternehmen über transparentes, häufiges, offenes und oft kritisches Feedback führt. Entsprechend fragen wir uns: Wie können wir Feedback geben und erhalten? Wie umfangreich und oft müssen wir Rückmeldung geben, und wann sollte diese persönlich, schriftlich oder gar durch ein Medium wie eine App vermittelt werden? Wie hart und furchtlos offen sollten wir sein?

Hinter diesen Fragen verbirgt sich eine andere Frage, die entscheidende Frage, die wir übersehen. Die Suche nach Möglichkeiten, besseres Feedback zu geben und zu erhalten, basiert auf der Prämisse, dass Feedback immer nützlich ist. Im Kern möchten wir unseren Mitmenschen helfen, besser zu werden. Um Personen dabei zu unterstützen, sich bestmöglich zu entfalten und zu verbessern, bedarf es jedoch einer anderen Vorgehensweise.

Zum einen zeigt die Forschung (hierzu mehr Why Feedback Rarely Does What It’s Meant To (hbr.org)), dass Feedback zu einem Großteil egozentrisch ausgelegt ist. So spiegelt beispielsweise die Rückmeldung, die wir geben, mehr als 50% unserer persönlichen Eigenschaften, Erwartungen und Überzeugungen wider, nicht die des anderen. Wie wenn man durch eine Schablone aus Kreisen die Welt betrachtet und entsprechend überall Kreise findet. Zum anderen wird durch Kritik die „Kampf-oder-Flucht-Reaktion“ des Gehirns aktiviert und so das Lernen gehemmt. Und schließlich sieht Exzellenz bei jedem Menschen anders aus, sodass sie sich nicht im Voraus definieren und von einer Person auf die andere übertragen lässt. Manager werden ihren Angestellten niemals zu Spitzenleistungen verhelfen, wenn sie lediglich das, was sie für unzureichend halten, identifizieren und den Mitarbeitern alternatives Handeln oder Vorgehen diktieren.

Feedback ist bestenfalls dazu geeignet, Fehler zu korrigieren – in den seltenen Fällen, in denen die richtigen Schritte bekannt sind und objektiv bewertet werden können. Im schlimmsten Fall ist es schädlich, denn was wir gleichsam von unseren Mitarbeitern wie von uns selbst erwarten, ist in den meisten Fällen nicht die akribische Einhaltung eines im Voraus vereinbarten Verfahrens oder die Fähigkeit, die Schwächen der anderen aufzudecken. Bei der Zusammenarbeit geht es vielmehr darum, dass die Menschen ihre eigenen einzigartigen und wachsenden Talente zur Realisierung eines gemeinsamen Ziels einbringen. Feedback hat dazu nichts beizutragen.

Hierzu eine Geschichte darüber, wie der legendäre Trainer der Dallas Cowboys, Tom Landry, sein angeschlagenes Team umkrempelte. Während andere Teams Misserfolge wie verpasste Tackles und fallen gelassene Bälle analysierten, ging Landry stattdessen das Filmmaterial früherer Spiele durch und erstellte für jeden Spieler ein Highlight-Reel. Dieses präsentierte die Momente, in denen ein Spieler etwas einfach, natürlich und effektiv getan hatte. Landry kam zu dem Schluss, dass es zwar unendlich viele falsche Wege gäbe, etwas zu tun, die Anzahl der richtigen Wege für einen bestimmten Spieler aber durchaus definiert werden könne. Diese Wege existierten, und die beste Möglichkeit, sie herauszufinden, bestände darin, sich Spielzüge anzuschauen, welche der entsprechende Spieler hervorragend ausgeführt hätte. Mit dieser Einstellung motivierte Landry sein Team: „Wir spielen nur die Spielzüge nach, mit denen ihr gewinnt."

Auf der einen Seite wollte er damit erreichen, dass sich seine Teammitglieder besser fühlten, weil er die Macht der Anerkennung kannte. Aber der Geschichte zufolge war Landry nicht annähernd so sehr am Loben interessiert wie daran, seinen Spielern langfristig zu neuen Höchstleistungen zu verhelfen. Sein Instinkt sagte ihm, dass jeder Einzelne seine Leistung am meisten verbessern würde, wenn er in Zeitlupe sehen könnte, wie seine persönliche Version von Spitzenleistung aussah.

Wir können das Gleiche tun! Wann immer wir sehen, dass jemand aus dem Team effizient und erfolgreich getan hat, halten wir einen Moment inne und heben hervor, was gerade funktioniert hat: „Das! Ja, das!“ So fokussieren wir uns auf das, was funktioniert und helfen unseren Mitmenschen bzw. Mitarbeitern zu erkennen, wo ihre Talente liegen und wie ihre persönlichen Spitzenleistungen aussehen. Wir bieten die Möglichkeit, einen Einblick zu gewinnen und diejenigen Fähigkeiten und Vorgehensweisen hervorzuheben, die bereits in der Person vorhanden sind, damit sie diese erkennen, verankern, neu erschaffen und verfeinern kann.

Das ist Wertschätzung. Und das ermöglicht persönliche Entwicklung.

 

Dina Kohler

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